Die Bierpreismauer.

Zwischen Flensburg und Dänemark, da steht sie. Die Bierpreismauer. Bedrohlich sorgt sie dafür, daß Doktorlores ein gutes Pils aus dem heimischen Kühlschrank bis nach Ribe nicht anrührt. Doch jetzt, seit x Tagen jenseits der Bierpreismauer stellen wir fest, daß es auch ohne Bier und Wein ganz gut geht.

Trotzdem, ein Schock ist das schon. So ein lumpiges Leichtbierchen für 8 Euro … ist eine interessante Erfahrung und wir wissen zu schätzen, wie schön es daheim ist 🙂 Was es auch nicht gibt: Käse und Milch mit normalem Fettgehalt. Alles ist light. Bah. Das hab ich mir vor JAH-REN abgewöhnt.
Den Grund dafür erfahren wir nicht so wirklich. Es gab da mal ne Fettsteuer, die wurde aber nach einem Jahr schon wieder abgeschafft.

In unserem nächsten Bericht werden wir ein bisschen was über die Überfahrt mit der Fähre erzählen. Wir sind noch am Verdauen all dieser Eindrücke 😉

F.L. und Doktorlores

Die zweitschönste Stadt Dänemarks

Ich hatte mir da letztes Jahr mal ein Buch gekauft, in dem sich jemand die Mühe gemacht hat, gute Interrail-Orte und Spartipps zusammenzutragen. Unter anderem hat er etwas über die dänische Stadt HOBRO geschrieben. Im Streit um die schönste Stadt Dänemarks liegen soll sie. Die Jugendherberge direkt an der Fußgängerzone. Ein guter Grund für uns, dieses lauschige Örtchen als nächstes anzusteuern.
Da wir gerade aus Ribe kommen, eine wirklich sehr hübsche, dänische Kleinstadt mit supernetten Cafés und bezahlbarem Essen, haben wir nichts dagegen, nicht in eine größere Stadt in der Nähe zu fahren.
In Ribe hatten wir schon so schöne Erlebnisse. Die dänische Königin war da, die Sicherheitsmaßnahmen hielten sich zu unserem Erstaunen echt im Rahmen. Neben der Kirche hatte ein kleines Geschäft eine lange Teetafel aufgebaut, mit Blümchen und hübschen verschörkelten und geblümten Teetässchen und einer Schiefertafel, auf der die Königin und auch alle anderen zu Tee und Schokolade eingeladen wurde. Einfach so.
Hinsetzen, sich willkommen fühlen, Wattenmeer-Rooibos Tee trinken und Schokolade probieren. Wir sitzen zwischen den Einheimischen – einfach so – und gehen nach drei Tassen Tee einfach weiterschlendern. Nur wenige reden deutsch oder englisch, aber das macht gar nichts. Es gibt eine Ebene, da ist die Sprache egal.

So darf es in Hobro auch werden.

Unterdessen bin ich der Meinung, daß Herr Klein, der Autor dieses wunderbaren Buches , ein paar Texte eingefügt hat, um zu prüfen, ob das Buch denn gelesen würde.
Dort angekommen stellen wir fest, daß die Jugendherberge 15 Busminuten entfernt von der Fußgängerzone ist. In der Fußgängerzone, zumindest im oberen Teil, finden wir eine beträchtliche Anzahl leerer Geschäfte und auch die anwesenden Menschenmassen halten sich in Grenzen. Ja, es gibt wohl eine Ritterburg und eins-zwei schöne alte Häuser, aber das blühende Leben schaut anders aus.
Hier arbeitet übrigens auch dieser Busfahrer…

Auch in der Jugendherberge ist es, als hätte hier noch vor einiger Zeit “Leben” stattgefunden, aber jemand hat dieses Lebenslicht gestern erst ausgepustet.
Es ist zwar alles da, aber keine Menschen, die so ein Hostel doch erst lebendig machen.
Und das in der zweitschönsten Stadt Dänemarks?
Am nächsten Morgen stürmt eine Gruppe von Rentnern grußlos an uns zwei frühstückenden Backpackern vorbei, um die dort stehende Kaffeekasse fleissig und lustig plaudernd mit 5 Kronenstücken zu befüllen. Nach ca. 30 Minuten ist der “Spuk” vorbei und es ist wieder so ruhig wie vorher.
Nach einer Runde Tischtennis beschließen wir, in der nächstgrößeren Stadt auszusteigen.

Vielleicht ist das dann ja die zweitschönste Stadt Dänemarks 🙂
Eure Filia Leonis

W-Lan Zirkus

Man hat es echt nicht leicht als Reisender. Als ich letztes Jahr unterwegs war, da gab es überall W-lan. Jeder dachte, ich werde nicht erreichbar sein, man wird nichts von mir hören usw…

Aber hier in Dänemark da ist das andersrum als ich es kenne: Im lokalen “Bähnle” von Kaff zu Kaff gibt’s freies W-Lan. Ich merke es, weil ich plötzlich einen Hinweis vom “Quizduell” bekomme. Natürlich am Ende der Fahrt.
Aber im guten, skandinavischen Hostels, da funkt das W-Lan schwach um die Ecke und die eine oder andere Threema Nachricht kann sich gerade noch so durchquetschen.
Wir haben also dänisches Reise-Internet gekauft. Also nicht ich, sondern Doktorlores. Ich mache sowas nicht. Ich mache lieber direkt “Roaming” und erschrecke dann, wenn die 50 Euro – Marke erreicht ist. Wenn man beispielsweise nach Wanderwegen in Norwegen schaut (Kartenmaterial) – nach 5 Minuten.

Aber jetzt, da sind wir in einem dänischen Hostel, das statt einer besetzten Rezeption ein toll funktionierendes W-Lan hat. Darum auch schnell mal ein Blog Eintrag.

Und Ihr wisst ja, Busfahren ist immer lustiger als Zugfahren. Zugfahren ist leicht. Da sind Schienen und man weiss, wo der Zug hält (weil es einer aufgeschrieben hat und man es somit überall nachlesen kann).
Wer aber im dänischen Bus nach einer Straße fragt, die eventuell in der Nähe einer der Bushaltestellen liegt (wir dachten, sie sei groß-  und der Busfahrer kundig genug, diese spezielle Frage innerhalb seiner Busfahrertätigkeit beantworten zu können – aber wir stellen fest, daß das Ablesen der Buchstaben wie wir es kennen, null Erfolg bringt. Wir suchen die “Skandicsvej” oder so ähnlich. Steht schließlich auf dem Busfahrplan. Also fragen wir nach der “Skandiksveij” aber ernten einen TOTAL verständnislosen Gesichtsausdruck. Ein Passant hilft aus: “Skandiksvej” sagt er. – darauf der Busfahrer – “AAHH Skandiksvej” und knöpft uns 20 Kronen ab.

Zum Glück habe ich jetzt jemanden dabei, mit dem ich den verwirrten Gesichtsausdruck teilen kann 🙂
An der besagten Bushaltestelle schmeisst uns der Busfahrer nicht etwa raus, nein – er lässt uns irgendwo etwas später raus, garniert mit einem Nord-Dänischen Wortschwall.

Als wir verschwitzt im Hostel angekommen sind (linksrum, den Weg zurück, den er zu lange mit uns gefahren ist), können wir den Satz rückblickend rekonstruieren. Er meinte wohl “Das hier ist zwar nicht, wo Ihr aussteigen wollt, aber wenn Ihr hier lang geht, kommt Ihr (rechtsherum) schneller zum Hostel.”
Reverse Sprachengineering.

Ich fürchte, kein Norwegisch zu kennen hilft uns noch weniger weiter als kein Dänisch zu können.
Dies werden wir in Bergen erfahren. Da fahren wir morgen mit der Fähre hin.

Wenn wir W-Lan haben, erzähle ich vielleicht noch was.

 

“immer noch nicht genug?”

Nein.

🙂 Ich habe immer noch nicht genug von Schienen, Loks und langsam oder schnell vorbeiziehender Landschaft.
Aber diesmal, da werde ich eine Reisebegleitung mitnehmen. Die wahrscheinlich beste Reisebegleitung für kurze oder auch lange Reisen.
Wir werden sehen, ob sich diese Prognose als wahr herausstellt. 😉

Der Vorsatz ist zumindest da, Euch auf dem Laufenden zu halten, auch wenn es nur um ein paar Wochen geht. Nur so viel: Bis an den Polarkreis werden wir es wohl doch nicht schaffen – wir haben aufgrund hohen Touri-Aufkommens die Idee, zum Nordkapp zu fahren im Vorfeld verworfen.

Nun denn, der Rucksack ist gepackt. Auf in Runde II.

Eure Filia Leonis

Um die Ecke gereist

Ich hatte zu Beginn meiner Reise ja die total verrückte Idee, mich ein wenig in den Alpen herumzudrücken. Die Berge haben’s mir schon immer angetan, ich vergesse es nur leider immer wieder. Oder anders gesagt, mein Schweinehund sorgt immer wieder dafür, daß ich es vergesse. Futter gibt es für ihn genug:
“Nach Süden runter ist eh’ Stau”
oder
“Es regnet wahrscheinlich sowieso”
oder
“Ich bin doch gar nicht fit genug für eine Bergwanderung”
Unschlagbar allerdings ist:
“Ich habe nichts zum Anziehen”
Mein Schweinehund sitzt jetzt mit einem blauen Auge in der Ecke und schweigt (daran ist das bescheuerte, letzte Argument schuld), und ich sitze wiedermal mit weit aufgerissenen (auch blauen) Augen auf dem Berggipfel und schaue auf der einen Seite auf viele, viele Zeilen weiterer Gipfel, die nicht enden wollen. Auf der anderen Seite, der deutschen Seite das Allgäu. Grün, mit Seen, hübsche Hügel.
Weiter unten, fast im Tal findet eine Bergmesse statt. Und als die Alphörner einsetzen, habe ich wieder dieses eigenartige Gefühl des Besonderen.
Ich mache ein Foto für meinen Schweinehund, und viele “Bilder” mit dem Herzen, den Ohren und meinen Lungen.
Ein Berliner in Lederhosen und blitzsauberem, weißen Trachtenhemd springt über die Steine wie eine junge Gams, um die Alphörner besser zu hören, und um dem schwäbischen Gequatsche der anderen Wandergruppe zu entkommen. Mit einem herzlichen “dit is mir zuviel lärm hier” haut er einfach ab, nicht ohne eine kurze, sehr freundlche Zwiesprache mit einer Dohle zu halten, die sich ihm in den Weg stellt. Da sie kein Berlinerisch versteht, fliegt sie kreischend weg und sucht woanders Brotkrumen zum Naschen.
Ich könnte ewig hier sitzen.
Mach ich auch.

Irgendwann abends erzähle ich dem Sherpa, den ich in Nepal kennengelernt habe, und der in Tirol auf der Berghütte arbeitet, daß ich die Nacht vorher nicht gut geschlafen habe. “Ich hatte Herzklopfen – wegen der Höhe”, sage ich zu ihm.
Das milde Lächeln von ihm kann ich nicht sofort deuten. Er lächelt ja eh immer. Harmlos fragt er mich, wann ich denn in den Himalaya möchte.
Ich kriege einen roten Kopf. Naja.
Der Gute ist schließlich in völlig anderem Sauerstoffniveau als ich aufgewachsen, für den hat das Wort “Höhe” eine ähnliche Bedeutung wie “Starkstrom” für einen, der Überlandleitungen zusammenschraubt. “Santi, Santi,” sagt er zu mir. Immer mit der Ruhe. Ich glaube, er wird die Frage nach einem Nepal-Trek mit mir mit einem “oh – äh, da habe ich bereits einen Termin” quittieren. Denn wenn er mit mir läuft, kommen wir schätzungsweise nicht annähernd dorthin, was er mit dem Wort “Höhe” verbindet. Vielleicht aber auch doch.
Irgendwie möchte ich doch mal noch weiter oben sitzen und über die Welt blicken.
Es macht den Kopf frei und das Herz leicht, habe ich heute gesagt.

Übrigens, Kulturschock gibt’s hier ja auch genug. Und damit ist nicht mein nepalesischer Freund gemeint!
Ich habe mal gelernt, am Berg, da sagt man “Du”. Aber das scheint sich auf die bayernnahen Alpen zu beziehen. Jedoch nahe dem Allgäu, da wurde ich eigentlich grundsätzlich mit “Hän Sie des do hanne a scho g’sähe?” oder “waret Sie scho öfters do hanne?” (“Do hanne” heißt “hier”) angesprochen. Auch von Leuten, die ungefähr so alt sind, wie ich. Da lerne ich mal wieder, wie sehr sich die Schwaben von den Bayern unterscheiden.
Wundert mich, daß sie das “Kehrwoche-Schild” nicht mit hochnehmen 😉
Jedenfalls, schön war es am “Heilbronner Hausberg” und ich freue mich schon auf’s nächste Mal. Und es ist so einfach… einfach in’s Auto und Richtung Südwesten.
Keine Transsib, kein Flugzeug, der Rucksack wiegt nix (nach neuen Maßstäben ;-)), und ich brauche nur Euro.
Schön ist die Welt, aber daheim… das hat auch was.

Das andere Ende von Sao Paulo

Sorry, das hier ist etwas länger geworden…

Ich hab Glück, daß ich in der Business-Lounge was zum Sitzen gefunden habe. Ansonsten ist es hier eher wie in einer Sardinenbüchse. Ich war zwar noch nie in einer, aber egal. Einige stehen sogar. STEHEN. In der Business Lounge. Naja, heutzutage ist ja jeder wichtig und “business” – anscheinend. Essen ist jedenfalls genug da und ich schlage mir den Bauch voll, weil ich beim Frühstück nicht besonders viel gegessen habe. Außerdem ist ja schon wieder Mittag durch.
Platzmässig sind die Lounges wohl an ihre Grenzen gestoßen.

Genauso, wie die Favelas hier an ihre Grenzen stoßen, und dann eben nach oben hin weiterwachsen. Fehlt ein – nennen wir es mal “Wohnraum”, wird halt noch was obendrauf gemauert, gestellt oder gelehnt.
Favelas, die berühmten “Elendsviertel” in Südamerika.
Ich hab gestern mal ein wenig im Internet gestöbert und versucht, rauszufinden, was das eigentlich wirklich ist. Fest steht, es gibt unglaublich viele davon.
Als mein Taxifahrer gestern ‘wegen des starken Verkehrs’ eine Alternativroute um Sao Paulo herum gefahren ist (ich hab ihn immer noch in Verdacht, er wollte lediglich die erste Halbzeit “Italien-Spanien” im Confederations Cup in Ruhe fertighören, ohne auf den nervigen Innenstadtverkehr achten zu müssen), da habe ich viele, viele und noch viele mehr dieser Wohnsiedlungen gesehen. In der Dämmerung, wenn die ersten Leute das Licht einschalten, erkennt man, daß das, was man für eine Bauruine oder ein Parkhaus gehalten hat, scheinbar bewohnt ist. Vorhänge oder gar Fenster sucht man zeitweise vergebens. Manchmal gibt es aber statt Gardinen diese Stäbe in den Fenstern. Schwedische Gardinen? Knast in der Favela? Gelesen hab ich jedenfalls, daß es mittlerweile sogar Mini-Polizeistationen in einzelnen Favelas gibt.
Wie da wohl die Stellenbeschreibung aussieht? Und ob sie hier auch so auf Gleichberechtigung pochen, wo es um Frauen im Dienst geht?
Gute Frage.
Und das Gefängnis, das ich auf dem Weg zum Flughafen gesehen habe, schaut so aus, als würde es maximal die Menge an Politikern fassen, die bei ihrer Doktorarbeit irgendwo geschummelt haben. Viel Platz ist da nicht. Vielleicht ist das Ding auch unterkellert.
Gruselige Vorstellung.
Viele Fragen. Am Liebsten wäre ich halt mal hingegangen, in so eine Favela. Mit einem der Bewohner reden und mal fragen, wie das so ist.
Aber ich sprech ja kein Portugiesisch. Ansonsten wär das ja kein Ding…
(*Suchbild! Was ist hier falsch? “Frau Supersissy will in eine Favela!?”)

Ich glaube ja immer noch an das Gute im Menschen. Aber es soll auch Menschen geben, die nur mein Bestes wollen, am Besten in großen Scheinen. Kleine sollen auch genügen, so habe ich gehört. Und manchmal, ganz manchmal sind Menschen so arm, daß ein Menschenleben nicht viel wert ist, wenn man glaubt, an was zu essen oder – schlimmer – an Drogen zu kommen. Vielleicht sollte ich das dann lassen. Ich bin ja jetzt auch schon so gut wie zurück.
Wie gesagt, in der ich-bin-wichtig-Lounge.

Und wo ich mich hier so beschwere, daß ich meinen verwöhnten Hintern nicht in einer diskreten, ruhigen und exklusiven Lounge breitsitzen kann, so denke ich an die anderen.
Die, die am anderen Ende leben. Am ganz anderen Ende. Und jetzt meine ich nicht die, die in den Favelas leben. Tatsächlich gibt es Menschen, die nicht mal in einer Favela Platz finden. Und die liegen dann in den Straßen Sao Paulos irgendwo, in eine Decke gewickelt (so sie eine besitzen) und versuchen wahrscheinlich, ihr bitteres Dasein zu verschlafen. Oder die, die tatsächlich ihr Lager unter Brücken aufgeschlagen haben. Weil es da nicht auf den Kopf regnet beim Schlafen.
Und einen habe ich gesehen, der hat sich eine Art Zelt aufgebaut, eine Plane an einem Baum festgebunden und festgesteckt. Vielleicht ist das aber auch eine Art “Freiheit”, sich nicht den Regeln einer dieser Wohnsiedlungen zu beugen, die (so gelesen) oft von den Drogenhändlern regiert werden.

Ich rede ja immer rum, jeder entscheidet selbst über sein Glück, man muss es nur wollen und so. Aber wenn du in einer solchen Umgebung aufwächst, woher sollst du denn wissen, daß es sowas wie “Bildung” gibt? Und was das überhaupt bedeutet? Und wo man es bekommen kann?
Bei uns in Deutschland, da wird dir die Bildung hinterhergetragen, wenn das Kind nicht in die Schule gebracht wird, wird es eben abgeholt, dorthin.
Also, im Normalfall.
Und warum sollte ich mich also beschweren, daß hier in der Lounge kein Platz zum “loungen” ist? Ich hab doch kein Recht dazu? Vor dem Hintergrund, daß ich es eh besser habe als viele andere? Aber ich glaube, doch.
Denn so ein Flug kostet ein Heidengeld. Und die Fluggesellschaften machen nicht wenig Gewinn. Die denken sich “zahlen ja eh die Firmen” – stimmt schon. Aber wegen solcher Sachen müssen Firmen irgendwann sparen. Müssen irgendwann Leute einsparen – stellen weniger Leute ein – und irgendwo am Ende vom Teller fallen wieder ein paar Menschen ‘runter. In eine Sozialwohnung, in eine Favela oder auf die Straße.
Da endet dann meist die Reise.

Mein besagter verwöhnter Hintern wird dann gleich im Flieger im Liegesessel sitzen.
Und ich frage mich:
Ist das jetzt alles richtig so?

Eure nachdenkliche
Filia Leonis

Impro Theater

Heute morgen im Büro bin ich ein wenig müde, also schenke ich mir einen Kaffee ein. Stilecht im Plastikbecher. Dünnes Plastik. Sehr dünn.
Der Becher ist schneller unten angeschmolzen als du dir die Finger dran verbrennen kannst.
Zweiteres passiert natürlich trotzdem.
Dabei lohnt es sich gar nicht. Denn der Kaffee ist offensichtlich aus unverkäuflichen Beständen importiert. Trinken kann man das nicht. Aber man kann mal schmecken, wie  viel Zucker im Kaffee sein kann, bevor er zu Pudding wird.
In Brasilien sind Tee und Kaffee nämlich bereits gezuckert, wenn sie aus der Maschine kommen. Das kann schiefgehen – besonders, wenn man es gewöhnt ist, in den Espresso direkt ein Tütchen Zucker hineinzuleeren. Ich lerne ja schnell. Hier trinke ich Wasser.
Oder Cola.
Da ist nicht so viel Zucker drin.

Wenn ich im Ausland arbeite, bin ich es gewohnt, viel zu improvisieren. Wenn man z.B. keine Pinnwand hat, dann klebt man die Sachen halt an die Wand. Das geht dann schon.
Dazu braucht man dann Tesafilm oder Klebeband.
(Das erinnert mich an Mexico, wo wir dann nach zwei Stunden Organisation einen Flipcharthalter hatten. Selbiger wurde mir von einem hinreißend lächelnden Mexicaner gebracht – es war ein halber Staatsakt, das Ding zu organisieren, und er war – wirklich begründet – stolz “wie Otto”.
Als ich nach Papier gefragt hatte, sagte er “Ach so. Nee. Papier haben wir keines dafür”.)

Zurück nach Brasilien:
Brasilianisches Klebeband ist ungefähr vergleichbar mit Frischhaltefolie in Deutschland.
Die Entnahme und der passende Zuschnitt sind kniffelig bis unmöglich, wenn es dann auch noch schön aussehen soll, brauchst du Nerven wie Drahtseile. Nein, einen Unterschied gibt es: Der Tesafilm hier ist richtig schön klebstark. Ergo: Er klebt entweder auf der Rolle fest, oder auf der Schere, mit der Du ihn schneidest, oder an den Fingernägeln (*kleiner Tipp – sollte frau mal keinen Nagellackentferner zur Hand haben…).
Hat man ihn dann zur schnellen Entnahme vorbereitet z.B. an einer Tischkante aufgereiht, kommt garantiert einer rein, der sich genau an DIESE Tischkante lehnt.
Die Streifen aus der Familie des Sekundenklebers sind danach natürlich nicht mehr geeignet, um bunte Moderationskarten an die Wand zu kleben.
Ich gehe jetzt mal zum Spiegel, um zu sehen, ob sich Klebstreifen in mein Haar verirrt haben… wie sieht das denn dann aus!

🙂
Alles Liebe
Eure Filia Leonis

P.S. Info für Steirer: Klebeband = TIXO 😉

Statistik und Sprachkurs

…eines möchte ich noch hinzufügen.
Etwas, was nicht so schön ist:

Ich diskutiere heute mit meinem Lieblingstaxifahrer auf Brasispanisch den Fahrstil der anderen Verkehrsteilnehmer. Und leider muss ich mich korrigieren, was meine Aussage von letztens angeht. (Das ist meinem schlechten Portugiesisch zu verdanken):
Es werden nicht zwei Motorradfahrer täglich von der Ambulanz aufgelesen, sondern von dem anderen Auto, dem schwarzen.

Traurig, aber wahr. Zwei Motorradfahrer täglich sterben auf Sao Paulos Straßen an angewandtem Hüftschwung.
Leute, fahrt vorsichtig. Bitte.
Jedes Menschenleben ist kostbar.

Passt auf Euch auf. Egal, wo Ihr seid.
F.L.

Ab in’s Fernsehen! oder: Mit dem Bus in’s Verderben

Boa noite, queridos amigos! Guten Abend liebe Freunde.
Ich sitze im Restaurant (ja, das vom Hotel, das mit der italienischen Küche) und habe mir eben vom Kellner den um einen Euro teureren Wein aufschwatzen lassen. Ich wollte nicht unhöflich erscheinen. Schlecht isser nicht, der Wein. Aber Oliven hab ich keine bestellt. Nicht nochmal.

Sao Paulo im Tageslicht ist nicht so übel. Ich hab mich auch alleine bis zur Busstation getraut (5 Minuten). Die haben ein interessantes Vorgehen hier. IM Bus gibt es ein Drehkreuz, und da kommst Du nur durch, wenn Du AM Drehkreuz entweder Deine Dauerkarte am Magneten hinhältst, oder der dort sitzende Mensch das für Dich tut. Natürlich gegen Bezahlung. Ich halte dieses Vorgehen für das Offizielle. Er sah nicht aus, als würder er auf eigene Rechnung arbeiten 😉
Der Bus fährt den gleichen Stil wie die restlichen Verkehrsteilnehmer (Hüftschwung), aber auf den Bus wirken in Kurven halt andere Kräfte. Auch Bremsvorgänge sind besser zu spüren – und: Man rutscht auch besser auf den Plastiksitzen – im Gegensatz zu den Sitzen im Taxi. Also halte ich mich a) fest und klemme mich b) zwischen Sitz und einer Stange zu meinen Füßen. So geht es.
Die Stationen sind übrigens nicht beschriftet. Warum auch. Es gibt schließlich auch keine Durchsagen im Bus. Alles andere wäre nicht konsequent. Aus irgendeinem Grund frage ich im richtigen Moment den Herrn neben mir, ob ich, wenn ich hier aussteige, zur Metrostation komme. Hat geklappt.
Und jetzt wird es schwierig. Ich muss rumlaufen und ein suchendes Gesicht machen.
Der Albtraum für mich als bekennde “Sissy” (“Schisser”). Und irgendwann finde ich die Metro, und ich denke, jetzt ist alles gut. Am “MASP” werde ich meine Kollegen treffen und dann geht’s zum Public Viewing (Brasilien gegen Italien), ich habe mein gelb-grünes T-Shirt an und freue mich.
—- bis ich am Treffpunkt ankomme.
Und da ist sie. Die Demo.
Und ich mittendrin.
Und ich denke mir “oh mein Gott.
Mit dem Bus in’s Verderben” :-/ (darum auch der Titel).
Aber ich bin in eine der friedlichen “Nebendemos” geraten. Und hier werden in völlig entspannter Atmosphäre Bilder von Menschen mit “Anonymous”-Masken gemacht, die Transparente in die Handykamera halten – alles gleich nach F*book. Um mich herum kann ich eine friedliche, gute Energie spüren. Und ich hab nicht das Gefühl, gleich im Fernsehen zu sehen zu sein. Mein Kollege holt mich ab, er lacht und erzählt, daß er sich neulich mit den Militärpolizisten (die, die mit dem Pfefferspray ‘rumgesaut haben – was nebenbei bemerkt echt nicht okay ist) hat fotografieren lassen, und die völlig entspannt gewesen seien.
Es ist wie überall. Es hat alles zwei Seiten. Ich mach zwar nicht mit bei der Demo, aber ich stehe quasi mittendrin – und es ist gar nicht schlimm. Im Gegenteil.
Vielleicht muss man nicht gerade zur Haupt-Demo rennen.
Klar, man weiss nie. Und hätte ich das gewusst, hätte ich einen anderen Treffpunkt vorgeschlagen. Aber ich bin froh, dagewesen zu sein. Sonst hätte ich ewig Angst gehabt, “in eine Demo zu geraten”. Ich war drin. Und alles war gut.

Und beim Public Viewing habe ich mich mit den anderen Brasilianern über den Sieg im Fußball gefreut, eine brasilianische Flagge um die Schultern. Was willst du mehr.

Über die Zeit nach dem Public Viewing gäbe es auch noch einiges zu berichten. Wie man zum Beispiel in Brasilien ein neues Türschloss einbaut (oder eben, wie man das nicht macht). Oder wie man im Hostel Nudeln kocht, wenn die Mikrowelle kaputt ist (weil jemand Aluminium reingetan hat). Aber das, meine Lieben, ist eine andere Geschichte, und soll ein andermal erzählt werden. (Frei nach Michael Ende)
Für die, die sich gerne Sorgen machen – nein, es war nichts mit Raub oder Einbruch, sondern der ganz normale Wahnsinn in Südamerika. 🙂

Eure Filia Leonis

P.S. ich hab total Bock, den Kellner zu erschrecken, und eine Probe vom Essen in eine kleine Plastiktüte zu stecken… =:-)