Zug fahren in China I

Ich habe auf den Ratschlag von jemandem gehört und habe mein Zugticket von Beijing nach Xi’an sofort nach Ankunft in Beijing gebucht. Ihr erinnert Euch, die Sache mit dem Fahrer, der mir mal eben 300 yuan ausgeliehen hat.
Die liebe Mitarbeiterin vom Hotel gibt mir einen weiteren Rat: “Fahr um 18 Uhr los” – Ich sage “ja, aber mein Zug geht um acht?” – Sie: “Es ist sicherer, wenn Du um 18 Uhr losfährst”. Nagut. Ich muss/will aufgrund des riesen Rucksacks Taxi fahren.
Die ersten 10 fahren vorbei (nicht im Dienst, schon jemand drin), die nächsten werden mir von “locals” weggeschnappt, während ich mit dem Satz “Ich will zum Westbahnhof” beschäftigt bin.
OK. Dem nächsten freien Taxi latsche ich vor die Stoßstange und quetsche mich sofort rein. Ab jetzt ist Ende mit dem höflichen Gefrage.
Und die nächste halbe Stunde kann ich mir vom Taxi aus in Ruhe die Auslage des Geschäfts ansehen, neben dem ich eben auf’s Taxi gewartet habe. Es ist nämlich Stau.
Die “Straße” um mich herum wird zu einem riesigen Parkplatz, auf dem alles hupt, was kann. Ah… das war also gemeint.
Wir schaffen’s aber gut durch dieses Nadelöhr und ich komme um halb acht am Bahnhof an.

Es gibt dann Wartbereiche, in die man geht, ähnlich wie man das vom Flughafen kennt. Und zu einem Zeitpunkt ist der Zug dann zum Einsteigen bereit.
Und nun geschieht wieder so etwas für mich nicht-nachvollziehbares:
Alle rennen wie gestört zum Ausgang (alle, das heißt ca. 100 Reisende mit Gepäck), als wäre das gekaufte Ticket lediglich ein Lippenbekenntnis der Chinesischen Bahn, und es werden nur die ersten 50 Leute durchgelassen.
Unterwegs falle ich fast über 5 Chinesen, die sich da in aller Seelenruhe eine Warteinsel aus Reissäcken und Koffern gebaut haben. Mitten im Durchgang.
Ansonsten habe ich Glück und kann die Schrecksekunde einiger Chinesen (“huh, die ist ja blond!”) ausnutzen und mit einigermassen Platz um mich herum weitergehen, bis ich am Zug bin.

Ich teile mir mein Abteil mit 5 Chinesen, die alle kein englisch sprechen. Ich verziehe mich auf mein oberstes Bett (natürlich) und versuche unter der hellen Deckenlampe zügig Schlaf zu finden. Ich verfluche meinen großmaschigen Schal, der aber trotzdem ein wenig Abhilfe schafft.
Draußen diskutiert eine schwerhörige, chinesische Version von Joe Cocker irgendwas mit seiner Begleitung, die lebhaft zurückkreischt. Das ist mal landestypischer Umgang.
Ich fühle mich trotzdem irgendwie gut aufgehoben.
Beim Einschlafen hilft der Herr Jacobson und meine große Sammlung von Meditationsmusik.
Die wiederum hilft trotzdem nur schwer, meine aufsteigenden Agressionen unten zu halten, als zwei Mitreisende anfangen zu schnarchen.
Aber sie hilft.
Und ich schlafe tatsächlich einigermassen gut im Nachtzug nach Xi’an.

Drei Chinesen mit dem Kontrabass

Heute war ich noch schnell Peking Ente essen. Ich lebe noch 😉
Das war sau-lecker und es lohnt sich übrigens, Geld für eine etwas “bessere” Location auszugeben. Man wird zwar für europäische Verhältnisse echt unangenehm aufmerksam behandelt, aber das Essen war der Hammer.
Ich hab meinem Schweizer Mitreisenden dieses Lokal aufgeschwatzt, der wollte an dem Tag eigentlich sparen, wurde aber tagsüber schon von zwei Mädels über den Tisch gezogen (er hat sehr teure Getränke ohne Dienstleitung gezahlt). Es war also eh schon egal 😉
Danach wollten wir einen Schnaps (oder so) trinken und sind in das Viertel gefahren, wo ich mein Hotelzimmer habe. Da hatte ich beim Vorbeigehen schon die eine oder andere nett aussehende kleine Bar gesehen.

Wir gehen rein.
Und da ist eine kleine Bühne auf der gerade sehr, sehr coole Live-Jazzmusik gespielt wird. Zwei mit der Gitarre, einer mit dem Kontrabass. Die Jungs haben so richtig Spaß dabei und keiner will, daß sie Pause machen, geschweige denn aufhören.
Die Cocktails sind richtig gut, ich habe sehr gute Gesellschaft, feine Gespräche und einen richtig guten Abend.
Der Laden ist genauso weit weg, wie der Dumpling-Laden, und ich ärgere mich ein bisschen, daß ich die Bar bisher ignoriert hatte.

Gute Nacht, Beijing. Morgen fahre ich weiter.
Das war alles sehr, sehr aufschlussreich hier.
Und ich muss mal wieder herkommen.

Bus fahren III

Also, das neulich war total einfach. Überhaupt ist Bus fahren in Beijing echt cool. Man steigt in manchen Bussen hinten ein (und übrigens vorne aus), zahlt 1 Yuan pro Fahrt (das ist echt nicht viel) und bisher bin ich immer ziemlich gut da angekommen, wo ich hinwollte.

Taxi fahren ist viel schwieriger.
Besonders erfreut sind Taxifahrer, wenn man sie total souverän ranwinkt, so tut als könne man chinesich (“Ni Hao”), um dann, wenn man dann sitzt, einen Zettel vorzureichen, auf dem in Kinderschrift “bahhnh00f” (für Bahnhof) oder so ähnlich steht, und die Kundin zwar recht nett, aber ein bißchen doof zu sein scheint 😉
Ich hab gehört, manchmal wird man dann aus dem Taxi wieder rausgeschmissen. Ist mir nicht passiert. Stattdessen musste er die Lesebrille raus- und all sein Verständnis zusammenkramen, um zu verstehen, wo ich hinwollte.
Ich hatte es ja selbst kaum verstanden. Aber auch das hat geklappt.

Wegen der Busse:
Ich wartete heute auf Bus Nummer 635. Das ist einfach, denn sie verwenden die Zahlen, die wir auch kennen. Auf der Gegenseite fährt nun schon innerhalb von 5 Minuten der vierte Bus mit dieser Nummer vorbei. Supi. Nach langer Zeit kommt auf meiner Seite auch einer mit dieser Nummer. Endlich.
Auf der Rückfahrt, eben, das gleiche Spiel.
Aber ich WEISS, daß in meine Richtung auch diese Busse fahren. Denn ich bin eben einem hinterhergerannt (zu spät… überall das Gleiche!)
Vielleicht sollten die Busse nicht alle gleichzeitig am Startpunkt losfahren, sondern ihren Dienst innerhalb der Stunde aufteilen. So, alle 10 Minuten ein Bus zum Beispiel, nicht alle 30 Minuten drei Busse auf einmal.
Ich schreib’ mal einen Verbesserungsvorschlag.

Natürlich auf chinesisch 😀
Da freuen sie sich bestimmt.

frogblog

Der “blue frog” in Beijing ist ein lebhaftes Plätzchen am Wochenende.
Momentan ist es aber ziemlich leer.
Mir wurde aufgetragen, hier einen Cocktail zu trinken.
Aber es ist halb drei mittags… das geht doch nicht.
Nein.
Das geht nicht…

Auf GAR KEINEN FALL!
*hick*

Jobs.

Es gibt hier viele, auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinende Jobs.

Wir fahren mit dem Auto in ein Parkhaus, alles sieht aus wie normal. Der Fahrer, ein Freund von uns, bekommt bei der Einfahrt in das Parkhaus die Parkkarte ausgehändigt.
Ich denke mir nichts. Als ich hinten aus dem Fenster schaue sehe ich, wo der Mensch diese Karte her hat. Er zieht sie aus dem Automaten, neben dem wir eben angehalten hatten. Damit er nicht zwischen Autofenster und Automat stehen muss, steht er hinter demselben, drückt den dicken roten Knopf, wenn ein Auto kommt, und überreicht dem Fahrer die Parkkarte.
Hat schonmal jemand von Euch in einem Parkhaus geparkt? Ok, manchmal kommen wir nicht ganz hin mit dem Arm, an den Automaten. Diese Distanz wurde in meiner Welt bisher durch “rauslehnen” und “Arm strecken” überbrückt. Aber das da jemand steht, den Knopf für einen bedient und einem die Karte reinreicht…
Erstaunlich.

Die Tage musste ich einige Ampeln überqueren. Mit Straßen in fremden Städten halte ich es so, wie alle anderen. Ich laufe mit den anderen mit. Also bei diversen Ampelfarben oder Verkehrsverhältnissen wird die Straße überquert, je nach Stadt ist das mehr oder weniger gefährlich. Also, wir kennen das. Und ganz selten, ja, manchmal, da ist eine noch rote Ampel dabei. Aber nicht hier, meine Lieben!
Hier, da steht jemand an der Ampel und schaut, daß wir das mit der Ampel richtig machen! Richtig machen bedeutet: Erst, wenn das grüne Männchen erscheint, darf man gehen. Geht man vorher, wird man -ehm – “freundlich” darauf hingewiesen. Erscheint das grüne Männchen, wird man genauso freundlich ‘rübergeschickt. 🙂
Hier wird nicht getrödelt!

Vor einigen Gebäuden stehen uniformierte Menschen, die aussehen, als wären sie aus Sperrholz ausgeschnitten. Sie tun nichts außer unglaublich akkurat mit strahlendweißen Handschuhen dazustehen. Ihr Blick ist genau geradeaus gerichtet.
Ich frage mich, was er macht, wenn sein Handy in der Tasche vibriert. Schätze, er hat es für die Arbeitszeit zu Hause gelassen…
Manchmal treten sie paarweise auf, dann laufen sie synchron vor wichtigen Gebäuden auf und ab. Ein paar von Ihnen stehen – immer symmetrisch aufgereiht rechts und links vor den Eingängen und Einfahrten. Ordnung muss sein.

Das erinnert mich an Moskau. Da war auch einer, dessen Job schien es zu sein, Touristen am Geldautomaten zu helfen, die Geheimnummer beim Geld holen richtig einzugeben. Den allerdings hatte ich damals ziemlich schnell weitergeschickt.

Ich freue mich also über die vielen freundlichen Alltagshelfer und den blauen Himmel heute.

Einen schönen Mittwoch Euch allen!
🙂

Testbild

Olkhon
Olchon im Baikalsee, Sibirien

Ja, glaub’ ich’s denn. Ich kann Bilder posten 🙂
Zu finden im Tab “Bilder”

Danke an Jörg und Rainer!

Guck mal, die ist blond!

…und es passiert wirklich. Kein Scheiß.
Gestern wurde ich angesprochen – zweimal, ob man ein Foto mit mir zusammen drauf machen könnte. 😮
Ich hab ja davon gehört, aber etwas seltsam ist das schon. Also, wir reden jetzt nicht von Leuten, mit denen ich mich unterhalten hätte oder so – nein, das ist auf der Straße passiert, wo ich dann angehalten und angesprochen wurde.
In der Mongolei hatte ich das auch schonmal, aber da wurde mir dann erzählt, daß das in Beijing durchaus noch öfter vorkommen könnte.
Es ist auch interessant, wie sich das anfühlt, als einziger blonder Mensch in der U-Bahn zu stehen.
Das kann man nicht erklären. Das muss man fühlen.
So wie vieles andere hier.

Gegensätze?

Gestern bin ich aus dem lauschigen Sträßchen mal weg und rein in die Stadt gefahren, und zwar mit der U-Bahn. Man hat übrigens praktisch überall Netzzugang, das heißt, ich kann in der U-Bahn meine E-Mails checken. Nix Neues eigentlich, aber wie ich finde immer wieder erstaunlich. 🙂

Ich bin nach Sanlitun gefahren, das ist so das Shopping- und Ausgehviertel für Besserverdienende und solche, die es werden wollen. Alles ist groß und “shiney”, glänzende, verspiegelte Fassaden, schöne Menschen in noch schönerer Kleidung, schönere Autos als sonst irgendwo in der Stadt, teure westlich anmutende Läden, große Label wo man hinschaut – und ich sitze mit einer Freundin bei der Maniküre und wir reden über – ähm – naja, über was Frauen halt so reden :-D.
Das mit der Maniküre musste mal sein. (Hier ist sowas übrigens erschwinglich, ich habe jetzt also nicht das Hostel-Budget der nächsten drei Wochen verbraten. Das Ganze kostet ein Zehntel eines guten Hotelzimmers.)

Komische Welt. Ein paar Stunden zuvor bin ich mit meinem Wäschesack im Arm über die staubige, kleine Straße zwischen Fahrrädern, Autos, Kindern und Lastmoppeds zu meiner anderen Unterkunft gelaufen, habe viele Reiskocher gesehen und in einige Hinterhofküchen geschaut, und dann sitze ich wenig später in einem Liegesessel, und lasse mir für Geld Füße und Hände schön machen. Ich finde das ziemlich merkwürdig und muss diesen Gegensatz erstmal verdauen.

Sind das zwei entgegengesetzte Welten? Oder ist das eine nur die Fassade der anderen Welt, die das Eigentliche darstellt? Oder ist die Fassade das “Eigentliche”? Gehören die Welten zusammen?
Welches der Beiden ist echt? Und was ist das überhaupt, “echt”?

Eins ist sicher: Heute gehe ich nochmal nachschauen.