Transsib, dritter Akt.

Ich sitze auf dem oberen Bett im Zug von Ulaanbaatar (Mongolei) nach Beijing (China), draussen zieht endlose Mongolische Steppenlandschaft vorbei und ich habe das erste Mal auf der Reise meine Kopfhörer auf. Komisch, mir fällt auf, daß ich meinen MP3-Player kein einziges Mal habe aufladen müssen. Auch das eine Buch, das ich in Rom (!) gekauft hatte, ist nur zur Hälfte gelesen.
Der Zug, der dritte in Folge, ist wieder ganz anders als die vorherigen beiden. Hatte der vorherige Zug in die Mongolei einen etwas “abgeranzten” Charakter, so ist dieser hier hübsch, freundlich und sehr sehr sauber. Ich stopfe meinen riesigen Rucksack in das vorhandene Gepäckfach.
Ups. Ich habe gerade den gesamten Stauraum verbraten. Die netten Jungs aus UK müssen also ihre Rucksäcke irgendwie anders unterbringen. Witzig, ich bin mit denselben Jungs im Abteil, mit denen ich schon nach Ulaanbaatar gefahren bin.
(Wehe, der schnarcht wieder. Mittlerweile kennen wir uns ja schon etwas besser und die Gefahr, eine vor’s  Schienbein zu bekommen, ist damit ja logischerweise um ein Vielfaches gestiegen ;-))

In einiger Zeit werden wir die Mongolisch-Chinesische Grenze passieren.
Wir füllen diesmal vier(!) Zettel aus. Zwei für die Mongolen, zwei für die Chinesen. Ich frage mich, wo das ganze Papier abgelegt wird. Gibt es da Lagerhallen, wo all der Kram verstaut wird? Wird das irgendwo eingegeben und ausgewertet? Wird alles an Herrn Zuckerberg verkauft? Schmeissen die die Zettel nachher wieder weg?
Egal. (oder: “wurscht” :-D) Ich fülle gewissenhaft alles aus.
Gar nicht so einfach, wenn man vorher ein großes Bier getrunken hat.

Außerdem bin ich untröstlich. Meine selbst gehäkelte Mütze ist weg 🙁
Ich habe sie während meiner Reise für Sibirien fertiggemacht, und heute morgen war sie nicht mehr da. Sie hat mich immer so gut gewärmt, und hat dabei noch gut ausgesehen.
Eine Mitreisende aus Chile, die in England studiert versucht mich, mit esoterisch angehauchten Gelaber zu trösten: “Anscheinend brauchst Du sie jetzt nicht mehr, also musst Du auch den Ballast nicht mehr mittragen”. Ich will aber genervt sein. Immerhin war die Mütze echt schön. Esoterik gibt’s morgen wieder.
Aber sie hat Recht. Morgen um diese Zeit werde ich im 20°C warmen Peking stehen.
Nein, meine Mütze brauch’ ich da nicht mehr.
Trotzdem. Aus Pietät bleibe ich jetzt erstmal genervt. Mindestens 2 Minuten!